Die Aussicht auf menschliche Siedlungen auf dem Mars hängt von der Bewältigung extremer Umweltherausforderungen ab. Eine neue Studie schlägt eine überraschend einfache Lösung vor: den Bau von Lebensräumen aus Marseis. Dieser Ansatz könnte die logistischen Albträume des Transports riesiger Mengen an Baumaterialien von der Erde umgehen.
Der Eisvorteil
Der Mars verfügt über beträchtliche Eisreserven, sowohl an der Oberfläche als auch im Untergrund. Forscher der Harvard University und anderer Institutionen haben modelliert, wie dieses Eis zum Bau großer, kuppelförmiger Schutzräume von mehreren zehn Quadratmetern bis zu mehreren Hektar genutzt werden könnte. Diese Strukturen wären transparent und würden das Sonnenlicht durchlassen, während sie gleichzeitig schädliche UV-Strahlung blockieren – ein entscheidender Faktor sowohl für das Pflanzenwachstum als auch für das menschliche Wohlbefinden.
„Sonnenlicht ist besonders wichtig für den Pflanzenanbau ohne künstliche Beleuchtung und für die menschliche Psyche“, erklärt Robin Wordsworth, Co-Autor der Studie.
Durch zusätzliche Außenbeschichtungen würden die Eiskuppeln eine lebenswerte Temperatur von etwa 20 °C aufrechterhalten. Diese Methode könnte möglicherweise einen großen Engpass bei der Kolonisierung des Mars lösen: den Bau von Lebensräumen. Aktuelle Pläne, wie das Starship-Programm von SpaceX, konzentrieren sich auf den Transport vorgefertigter Materialien von der Erde. Allerdings könnte die Nutzung von In-situ-Ressourcen wie Eis die Anzahl der erforderlichen Starts drastisch reduzieren.
Praktische Herausforderungen bleiben bestehen
Die Umwandlung von Eis in eine lebensfähige Marsbehausung ist zwar konzeptionell vielversprechend, birgt jedoch Hürden. Um ausreichend Eis zu gewinnen, ist eine erhebliche Infrastruktur erforderlich. In der Studie wird anerkannt, dass die Verarbeitung von Eis einfacher ist als Alternativen wie die Gewinnung von Kieselsäure, der Umfang der Ausgrabungen gibt jedoch weiterhin Anlass zur Sorge.
Eine weitere große Herausforderung sind die berüchtigten Staubstürme auf dem Mars. Diese Stürme könnten die isolierenden Eigenschaften des Eises beeinträchtigen. Die Forscher schlagen Druckluftstrahlen als Schadensbegrenzungsstrategie vor, dies erfordert jedoch weitere Untersuchungen.
Historischer Präzedenzfall
Die Verwendung von Eis als Unterschlupf ist nichts Neues. Von Inuit-Iglus bis hin zu natürlichen Eishöhlen nutzen Gemeinden auf der ganzen Erde seit jeher Eis zum Schutz vor rauen Bedingungen. Allerdings bringt die Marsumgebung einzigartige Belastungen mit sich – vor allem Strahlung und extreme Temperaturschwankungen –, die eine sorgfältige Technik erfordern.
Das Konzept der Eisschutzräume auf dem Mars bietet eine überzeugende Vision für die zukünftige Erforschung. Obwohl weiterhin Herausforderungen bestehen, ist Wassereis aufgrund der Fülle an Wassereis auf dem Planeten ein einzigartig realisierbares Baumaterial. Die Überwindung logistischer und umweltbedingter Hindernisse könnte eine neue Ära nachhaltiger Marsbesiedlung einleiten.
